Side:Aubert - Anton Martin Schweigaards Barndom og Ungdom.djvu/216

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unserer Regierung mit einem Stipendium von 850 Thlr. preussisch jährlich unterstützt trat ich vor zwei Monaten meine Reise an und bin nach einem Aufenthalt in Schweden und Greifswalde von einigen Tagen hier angekommen. Durch gegenseitige Unterbrechung unserer brieflichen Mittheilungen sind Sie mit meinen Verhältnissen und meiner Lage fremd geworden, während es Ihnen vielleicht nicht ohne einiges Interesse ist die wesentlichen Data zu einem skizzirten Bilde von der äusseren Geschichte meines Lebens zusammen zu fassen. Sie wissen, dass ich 1828 die Universität zu Christiania bezog, wo ich vor zwei Jahren die juristischen Studien vollendet habe. Seitdem habe ich mich unter sehr angenehmen und interessanten Verhältnissen in Christiania aufgehalten, als Privatdocent der Jurisprudenz und ausserdem mit der Theilnahme an der Redaction einer wissenschaftlichen Zeitschrift beschäftigt. Seit einem Jahre bin ich mit einem zarten Mägdlein, Caroline Homann, verlobt, und diese Verbindung würde vielleicht meinen ganzen Reiseplan vernichtet haben, wenn ich nicht schon vorher die Sache initiirt hätte und nicht gern re jam non integra zurücktreten wollte. Jetzt bin ich, wie Sie sehen, in Berlin. Wäre diese Reise in eine frühere Periode meines Lebens gefallen, würde ich mich in meinen Erwartungen sehr getäuscht gefühlt haben; jetzt aber habe ich meine Erwartungen bedeutend herabzusetzen gelernt, so dass ich alles so vorfinde, wie ich es mir vorstellte. Wer Deutschland aus seiner Literatur kennt, kennt es von seiner schlechtesten, aber auch von seiner besten Seite. Wer die Riesenwerke des menschlichen Geistes in Seinen aüsseren Gestaltungen bewundern will, ziehe nach England; wer die imponirende Kraft einer bedeutenden Persönlichkeit, die durch That und Gegenwart wirkt, gehe nach Frankreich; der Ausländer in Deutschland aber muss wissen, dass er die Lichtseite schon vor der unmittelbaren Anschauung kennt, oder, wenn er diese nicht vorher kennt; wird er ungerecht